Strafrechts ABC

Nebenklage

Nebenklage - Bundesweite Opfervertretung im Sexualstrafrecht und bei Kapitalverbrechen

Opferanwalt und Opfervertretung - Bei welchen Taten kann eine Nebenklage möglich sein?

Die Nebenklage kann im Ergebnis bei zahlreichen Straftatbeständen für das Tatopfer oder ggf. für die Hinterbiebenen möglich sein.

Hierzu zählen u.a. folgende Straftatbestände (Aufzählung nicht abschliessend):

  • Mord
  • Totschlag
  • Körperverletzung
  • Gefährliche Körperverletzung
  • Schwere Körperverletzung
  • Freiheitsberaubung
  • Geiselnahme
  • Raub
  • Räuberische Erpressung
  • Menschenraub
  • Sexueller Missbrauch von Kindern
  • Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen
  • Sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen
  • Sexuelle Nötigung
  • Vergewaltigung

Die Nebenklage ermöglicht es dem Verletzten, sich bei bestimmten - in § 395 Abs. 1 StPO genannten Straftatbeständen - der erhobenen öffentlichen Klage oder dem Antrag im Sicherungsverfahren zuschließen. Die Nebenklage ist also kein selbständiges Verfahren, sondern sie gewährt dem Verletzten im Rahmen des Strafverfahrens selbständige Rechte, welche er unabhängig von der Staatsanwaltschaft wahrnehmen kann.

Opferanwalt - Welche Delikte sind im Einzelnen nebenklagefähig?

Das Gesetz bestimmt für die Nebenklage in § 395 Abs. 1 StPO:

(1) Der erhobenen öffentlichen Klage oder dem Antrag im Sicherungsverfahren kann sich mit der Nebenklage anschließen, wer verletzt ist durch eine rechtswidrige Tat nach

  1. den §§ 174 bis 182 des Strafgesetzbuches,
  2. den §§ 211 und 212 des Strafgesetzbuches, die versucht wurde,
  3. den §§ 221, 223 bis 226a und 340 des Strafgesetzbuches,
  4. den §§ 232 bis 238, 239 Absatz 3, §§ 239a, 239b und 240 Absatz 4 des Strafgesetzbuches,
  5. § 4 des Gewaltschutzgesetzes,
  6.

§ 142 des Patentgesetzes, § 25 des Gebrauchsmustergesetzes, § 10 des Halbleiterschutzgesetzes, § 39 des Sortenschutzgesetzes, den §§ 143 bis 144 des Markengesetzes, den §§ 51 und 65 des Designgesetzes, den §§ 106 bis 108b des Urheberrechtsgesetzes, § 33 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie und den §§ 16 bis 19 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb.

Opferanwalt - Nebenklage: Sonderregelung des § 395 Abs. 3 StPO

§ 395 Abs. 3 StPO enthält eine Sonderregelung, wonach die Nebenklage bei anderen Straftaten als den in § 395 Abs. 1 StPO genannten Fällen möglich ist - insbesondere bei Beleidigung, fahrlässiger Körperverletzung, Wohnungseinbruchsdiebstahl, Raub, Erpressung und dem räuberischen Angriff auf einen Kraftfahrer - wenn dies aus besonderen Gründen, insbesondere wegen der schweren Folgen der Tat, zur Wahrnehmung der Interessen des Nebenklägers als geboten erscheint. Die Entscheidung, ob besondere Gründe im Sinne des § 395 Abs. 3 StPO vorliegen, trifft das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Als Beispiele in der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind hierfür beispielsweise Traumatisierungen oder erhebliche Schockerlebnisse zu nennen. Große finanzielle Verluste berechtigen dagegen in der Regel nicht zur Nebenklage.

Nebenklage - Anschlusserklärung

Die Anschlusserklärung im Rahmen der Opfervertretung für die Nebenklage ist gem. § 396 Abs. 1 StPO schriftlich bei Gericht einzureichen. Sie wird erst mit Eingang der öffentlichen Klage wirksam. Die Zulassung erfolgt nach Anhörung der Staatsanwaltschaft durch Gerichtsbeschluss.

Opferanwalt - Rechte des Nebenklägers

Grundsätzlich ist der Nebenkläger zur vollständigen Anwesenheit in der Hauptverhandlung berechtigt, auch wenn es oftmals aus taktischen Gründen sinnvoller sein kann, auf dieses Recht bis zur Vernehmung des Nebenklägers als Zeugen zu verzichten, um der eigenen Aussage mehr Gewicht zu verleihen.

Weiterhin steht dem Nebenkläger gem. § 397 Abs. 1 StPO die Befugnis zur Ablehnung eines Richters (§§ 24, 31 StPO) oder Sachverständigen (§ 74 StPO), das Fragerecht (§ 240 Abs. 2 StPO), das Recht zur Beanstandung von Anordnungen des Vorsitzenden (§ 238 Abs. 2 StPO) und von Fragen (§ 242 StPO), das Beweisantragsrecht (§ 244 Abs. 3-6 StPO) sowie das Recht zur Abgabe von Erklärungen (§§ 257, 258 StPO) zu.

Um diese Rechte umfassend und effektiv wahrnehmen zu können, kann - und sollte - sich der Nebenkläger des Beistands eines geeigneten Rechtsanwalts bedienen oder sich durch einen solchen vertreten lassen.

Opferanwalt - Effektive Nebenklage

Steht ein nebenklagefähiges Delikt im Raum, ist es für das Tatopfer sinnvoll, sich zur umfassenden und effektiven Wahrnehmung der eigenen Interessen einen Rechtsbeistand zu mandatieren.

§ 397 Abs. 1 Nr. 1 StPO sieht hierzu in Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs (§ 176a StGB), der sexuellen Nötigung, Vergewaltigung (§ 177 StGB), des sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person (§ 179 StGB), des Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutugn (§ 232 StGB) oder des Menschenhandels zum Zwecke der Ausbeutung der Arbeitskraft (§ 233 StGB) einen Rechtsanspruch auf Bestellung eines anwaltschaftlichen Beistands auf Kosten der Staatskasse vor, sofern ein entsprechender Antrag gestellt wird.

Gleiches gilt gem. § 397 Abs. 1 Nr. 2 StPO für Opfer bzw. deren Angehörige von versuchten oder vollendeten Tötungsdelikten wie Totschlag (§ 212 StGB) oder Mord (§ 211 StGB).

Bei Taten nach § 226 StGB (schwere Körperverletzung) nach §§ 234-235 StGB (Menschenraub, Verschleppung, Entziehung Minderjähriger), §§ 238-239b StGB (Beharrliches Nachstellen, Schwere Freiheitsberaubung, Erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme), nach §§ 249, 250, 252, 255 StGB (Raub, Schwerer Raub, Räuberischer Diebstahl und Räuberische Erpressung) sowie nach § 316a StGB (Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer) besteht gem. § 297 Abs. 1 Nr. 3 StPO ebenfalls ein gesetzlicher Anspruch auf Bestellung eines Rechtsbeistands, sofern die Tat beim Nebenklageberechtigten zu schweren körperlichen oder seelischen Schäden geführt hat oder voraussichtlich führen wird, und das Tatopfer deshalb in besonderer Weise schutzwürdig ist.

Weitere Möglichkeiten der Bestellung eines Rechtsbeistandes sind in § 397 Abs 1 Nr. 4 und Nr. 5 StPO geregelt, sofern der Nebenkläger das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann. Ebenfalls besteht unter den Voraussetzungen des § 397 Abs. 2 StPO die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe.

Opferanwalt/Nebenklage - Rechtsmittelmöglichkeit des Nebenklägers

§ 400 StPO gewährt dem Nebenkläger die - eingeschränkte - Möglichkeit gegen ein Urteil Rechtsmittel einzulegen. Das Rechtsmittel (Berufung oder Revision) kann nur darauf gestützt werden, dass die Rechtsvorschrift über ein Nebenklagedelikt verletzt ist. Ein Rechtsmittel des Nebenklägers mit dem Ziel, dass eine andere Rechtsfolge für die Tat verhängt wird oder eine Verurteilung wegen einer Gesetzesverletzung erfolgt, die nicht zum Anschluss des Nebenklägers berechtigt, ist hingegen unzulässig. Liegen diese Voraussetzungen vor, kann der Nebenkläger sein Rechtsmittel unabhängig von der Staatsanwaltschaft einlegen.

Opferanwalt - Rechte des Nebenklägers im Ermittlungsverfahren

Unabhängig von den Vorschriften der Nebenklage sieht das Gesetz für einen Verletzten der Straftat in jeder Lage des Verfahrens - also auch bereits im Ermittlungsverfahren - eigenständige Rechte vor. Hierzu zählt insbesondere das Recht, sich eines Rechtsanwalts als Opferanwalt zu bedienen.

Der Verletztenbeistand hat neben einem Akteneinsichtsrecht gem. § 406e StPO und einem Anwesenheitsrecht bei der Vernehmung des Verletzten als Zeugen, auch das Recht, Fragen zu beanstanden (§§ 68a, 238 Abs. 2, 242 StPO) oder den Ausschluss der Öffentlichkeit nach § 171b GVG bzw. Maßnahmen zum Schutz des Verletzten nach § 58a StPO (Aufzeichnung der Vernehmung), § 168e StPO (getrennte Zeugenvernehmung), § 247 StPO (Entfernung des Angeklagten), § 247a StPO (Vernehmung des Zeugen an einem anderen Ort) und § 255a StPO (Vorführung der Aufzeichnung einer Zeugenvernehmung) zu beantragen.

Opferanwalt - Effektive Opfervertretung durch Fachanwalt für Strafrecht

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht STEFFEN LINDBERG, MM ist von Haus aus aus Strafverteidiger tätig. Durch die tägliche Befassung mit dem Strafrecht ist ihm "nichts fremd". Es gelingt daher regelmäßig auch bei schwierigen und schwierigsten Fallkonstellationen häufig innerhalb kürzester Zeit, eine tragfähige Basis für eine konstruktive Zusammenarbeit und effektive Opfervertretung zu finden. Gerade in konfliktbeladenen Fällen sowie im Bereich der Schwerstkriminalität muss auch der Opferanwalt im Rahmen der Nebenklage über die Fähigkeit verfügen, die Interessen des Tatopfers notfalls "mit harten Bandagen" durchzusetzen und für eine optimale Interessenswahrnehmung zu kämpfen.

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